Ich seh ich seh, was du nicht siehst
Kennst du das auch? Kaum ist das Shooting gemeistert, folgt das große Drama.
Sobald man die Fotos ansieht hat man nur noch selbstkritische Gedanken. Es sticht einem auf jedem Porträt sofort ins Auge, was man an sich selbst nicht mag und immer selbst kritisiert. Die Nase ist zu groß, der Pickel auf der Stirn ist dominant, das Doppelkind ein Graus und von den Falten wollen wir gar nicht erst sprechen.
Und dabei ist es doch immer so – dieser selbstkritische Blick liegt immer bei einem selbst. Vermeintliche Makel und Unschönheiten fallen nur uns selbst auf, obwohl sie niemals präsent sind, denn jeder Andere, der die Bilder betrachtet, wird gefangen genommen von der Ausstrahlung, dem Lächeln und der Gesamterscheinung.
"Schönheit beginnt in dem Moment, in dem du beschließt, du selbst zu sein." - Coco Chanel
Ich würde lügen, würde ich sagen, mir selbst fällt es besonders leicht, mich auf Portraitbildern als die Frau anzunehmen, die ich bin. Ja, ich gebe es zu, auch ich bin mehr als nur selbstkritisch. Der Bauch ist zu groß, meine Haare platt auf dem Kopf, etc.
Aber diese vermeintlichen Mängel und Makel an mir, die sehe nur ich.
Andere sehen meine freundlichen Augen, die ich übrigens in meiner Wahrnehmung auf Fotos immer zukneife, mein strahlendes Lachen, meine Ausstrahlung.
Aber warum ist das so? Warum können wir selbst nicht den offenen Blick für uns und unsere Schönheit haben, so, wie wir sie bei anderen Menschen auch sehen? Warum liegt unser eigener Fokus meistens auf den für uns negativen Bereichen unseres Körpers?
„Sehe ich wirklich so schrecklich aus?“ - „Nein. Ganz bestimmt nicht!“
Unser verzerrtes Bild ist natürlich irritierend für uns, weil wir uns nur gespiegelt kennen. Unser ICH kennen wir nur seitenverkehrt aus dem Spiegel, unser gegenüber nimmt uns aber gespiegelt wahr. Klar, das wir dann auf Portraitbildern irritiert sind und uns anders wahrnehmen.
Wer sein Auge dafür schulen möchte, die richtige Perspektive zu sehen, kann dies mit Hilfe von Selfies und der Frontkamera auf dem Handy üben und trainieren.
Außerdem hilft es ungemein, sich die Zeit zu nehmen, die schönen Punkte am eigenen ICH zu entdecken.
Andere um Rat zu fragen, was sie an einem besonders auffallend finden und sich so auch selbst auf die schönen Detail zu konzentrieren.
Gerade kleine, vermeintliche Makel machen Gesichter und Körper besonders. Manchmal sind es strahlende Augen oder pralle Lippen, aber manchmal sind es auch Zahnlücken oder besonders starke Fältchen rund um die Augen vom Lachen. Die Möglichkeiten der einzelnen Besonderheiten in DEINEM Gesicht sind so vielfältig, aber wir sind allzu oft beeinflusst von der Norm der Schönheit. Und dabei sind es doch gerade die kleinen Dinge, die einen Menschen besonderes Charisma verleihen und ihn besonders stahlen lassen.
Und was lernen wir daraus?
Uns allen geht es gleich, wichtig ist es, dieses selbstkritische Auge zu schulen, sich zu akzeptieren, zurückzulehnen und mit stolzer Brust zu sagen „Oh ja, ich bin schön, mit all meinen Facetten, genau wie du!“
Fotos im Beitrag von Antje Wolm & letztes Foto von Anna Cordes